In der Physik wird ein breites Spektrum sogenannter „aktiver Systeme“ oder „aktiver Materie“ untersucht. Es reicht im mikroskopischen Bereich von Nanomotoren über Mikroschwimmer, bakterielle Suspensionen, Biofilamente und Zellschichten. Aber auch makroskopische Systeme sind in diesem Kontext interessant, zum Beispiel Schwärme von Fischen oder Vögeln und deren kollektive Bewegungsmuster; oder das Gruppenverhalten von Menschen – etwa im Hinblick auf deren Verhalten in Paniksituationen.
Verschiedene Disziplinen unternahmen in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen, um diese Systeme besser zu verstehen und auch, um Anwendungen voranzubringen. Hieran arbeiten Forschende der statistischen Mechanik, für biologische Materie, Robotik, weiche Materialien und Biomedizin. Die breite Palette möglicher Anwendungen umfasst beispielsweise die Präzisionschirurgie, Medikamentenverabreichung und ökologische Nachhaltigkeit.
Dr. Subhasish Chaki befasst sich mit grundlagenwissenschaftlichen Fragestellungen, er will Modelle für die Beschreibung von Partikelbahnen unter Nichtgleichgewichtsbedingungen entwickeln. In seinem von der Alexander von Humboldt-Stiftung geförderten Projekt will Chaki an der HHU zusammen mit der Arbeitsgruppe von Prof. Löwen einige Aspekte bezüglich der kollektiven Dynamik träger aktiver Materie untersuchen. Hierzu zählen die bewegungsinduzierte Phasentrennung („motility-induced phase separation“, kurz MIPS) und die Kopplung von Translations- und Rotationsbewegungen von Teilchen, wie sie zum Beispiel bei Staubteilchen in Plasmen und bei der Flugbewegung von Insekten beobachtet wird. Die numerisch und analytisch gewonnenen Ergebnisse sollen mit Experimenten verifiziert werden.
Prof. Dr. Hartmut Löwen, Leiter des Instituts für Theoretische Physik II und Gastgeber von Dr. Chaki an der HHU: „Wir haben in Düsseldorf bereits erste Schritt zur Modellierung der realistischen aktiven Trägheitsmaterie unternommen. Darüber hinaus führen wir Experimente an Mikrorobotern durch, die durch eine vibrierende Platte aktiviert werden. Hiermit können wir theoretische Modellvorhersagen mit realen experimentellen Untersuchungen verknüpfen.“
Zur Person
Subhasish Chaki (geb. 1991 in Dinhata in West-Bengal) studierte Physik an der University of North Bengal und an der Jawaharlal Nehru University in Indien (Master 2014). Er promovierte 2021 am Indian Institute of Technology Bombay in Mumbai mit der Arbeit „Understanding the Activity-Driven Dynamics of Single Colloid and Single Polymer Chain“. Es folgten Postdoc-Aufenthalte in Mumbai und an der University of Illinois Urbana-Champaign in den USA. Seit Mai 2023 arbeitet er mit einem Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung am Institut für Theoretische Physik II der HHU.
Durch seine jahrelange Arbeit auf dem weiten Gebiet der statistischen Nichtgleichgewichtsmechanik und der aktiven Materie konnte er das Potenzial der analytischen Theorie und der Simulationen bei der Erforschung der mechanistischen Details komplexer Prozesse kennenlernen. In seiner zukünftigen Forschung möchte Chaki verschiedene Aspekte der statistischen mechanischen Theorie aktiver Systeme und deren Anwendungen auf biologische Systeme untersuchen. In aktuell neun Publikationen veröffentlichte er seine Ergebnisse, so in Physical Review E, Soft Matter, Physica A und im Journal of Chemical Physics.
Humboldt-Forschungsstipendien für Postdocs der Alexander von Humboldt-Stiftung
Das Humboldt‐Forschungsstipendium steht für Forschende aller Nationen und Fachgebiete offen. Unterstützt werden überdurchschnittlich qualifizierte Postdocs bei ihren Forschungsvorhaben in Deutschland. Ihnen soll so, im Anschluss an die Promotion, der Einstieg in eine wissenschaftliche Laufbahn ermöglicht werden.
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten können an einer von ihnen ausgewählten Forschungseinrichtung ihr persönliches Forschungsvorhaben durchführen. Die maximal 24 Monate währende Förderung umfasst ein monatliches Stipendium, Reisekostenzuschüsse und individuelle Förderleistungen. Darüber hinaus kann das gastgebende Institut Forschungskostenzuschüsse erhalten.
Weitere Informationen auf den Seiten der Humboldt-Stiftung: https://www.humboldt-foundation.de/bewerben/foerderprogramme/humboldt-forschungsstipendium