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iGEM2023: neues HHU-Projekt
Junge Forschende entwickeln „Fungilyzer“ – den biologischen Dünger mit Zukunftspotenzial

Im achten Jahr nimmt ein Team von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) an iGEM („international Genetically Engineered Machine“) teil, einem internationalen studentischen Wettbewerb der synthetischen Biologie. Das diesjährige Team aus HHU-Studierenden plant, mit einem biologischen Dünger aus verbesserten symbiotischen Pilzen die Landwirtschaft effektiver zu machen. So sollen auch negative Effekte von Überdüngung auf die Umwelt eingeschränkt werden.

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Pilze, die auf einem Baumstamm wachsen und eine Umgebung zum Gedeihen finden. (Foto: HHU / Julia Smoluk)

Eine besondere Schwierigkeit für die Landwirtschaft ist, dass Pflanzen phosphathaltige Dünger nur ineffizient aufnehmen. Denn sie werden nicht gleichmäßig über längere Zeit verteilt gegeben, sondern kurzfristig in hoher Dosis angewendet und dann schnell weggeschwemmt. Deshalb muss einerseits mehr Dünger als nötig verwendet werden. Andererseits verschmutzen nicht genutzte, durch den Regen ausgewaschene Phosphate vielerorts weiträumig natürliche Gewässer und bringen so die betroffenen Ökosysteme aus dem Gleichgewicht.

Diesem grundsätzlichen Problem der Landwirtschaft will das HHU-iGEM-Team 2023 begegnen. Die Studierenden nutzen dazu die natürlich vorkommende Pilzspezies Serendipita indica. Pilze unterstützen Pflanzen generell dabei, Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen. Oft leben sie in einer symbiotischen Gemeinschaft, was bedeutet, dass die Pflanzen für ihr Überleben zwingend auf die Pilze angewiesen sind, umgekehrt aber auch die Pilze versorgen.

„Der Pilz hat eine natürliche Speicherfunktion für Nährstoffe, die wir ausnutzen und ausbauen wollen, um ein Puffersystem für den angewendeten Phosphatdünger aufzubauen“, sagt Antigoni Mouratidou, eine der drei Teamleiter bzw. Teamleiterinnen: „Außerdem vergrößert er die Aufnahmeoberfläche und damit die Geschwindigkeit, mit der überlebenswichtige Stoffe für die Pflanze gespeichert werden.“

Für ihr Ziel wollen die Projektteilnehmenden nun die Transportvorgänge des Pilzes so modifizieren, dass er auf unterschiedliche Phosphatkonzentrationen im Erdreich dynamisch reagieren kann. Die Experimente werden die HHU-Studierenden vorwiegend in einem Modellorganismus – der Hefe – durchführen; die Ergebnisse können dann auf andere Pilze übertragen werden.

„Wir wollen schlussendlich einen auf Pilzen basierenden biologischen Dünger verfügbar machen – einen ‚Fungilyzer‘. Dieser würde verhindern, dass Düngemittel ausgewaschen werden, weil der Pilz die überschüssigen Phosphate bindet. Hiermit wird verhindert, dass Gewässer überdüngt werden, was zu unerwünschtem Algenwachstum führt. Weiterhin soll der Dünger, der universell für die meisten Nutzpflanzen angewendet werden kann, natürlich deren Wachstum auf den Feldern verbessern”, erläutert Teamleiter Niklas Küppers.

Die Pilze verbessern die Phosphataufnahme, indem sie bei hoher Phosphatkonzentration im umgebenden Boden mehr Transportkanäle für den Mineralstoff ausbilden. Hierdurch werden die Mineralstoffe besser zu den Wurzeln geschafft, was eine schnelle Aufnahme begünstigt. So kann der Pilz auch in nährstoffarmen Zeiten mehr von dem Phosphat, das er speichert , an die Ackerpflanze weitergeben.

Wird der Nährstoffgehalt des Bodens zu niedrig, aktiviert sich im Fungilyzer ein „Notfall-Gen“, wodurch der Pilz kontrolliert abstirbt . Dadurch werden alle im Pilz gespeicherten Nährstoffe in den Boden abgegeben und stehen jetzt der Pflanze zur Verfügung. So gestärkt, kann sie schwierige Umweltbedingungen überleben, Missernten können vermieden werden.

Team Fungilyzer

Das diesjährige Team besteht aus 15 Mitgliedern, die Biologie und Biochemie studieren und an verschiedenen Punkten in ihrem Studium sind: von Einsteigern im Bachelor bis hin zum Masterstudierenden ist alles dabei. Unterstützt werden sie von drei begleitenden Professoren: Prof. Dr. Michael Feldbrügge, Prof. Dr. Guido Grossmann und Prof. Dr. Matias Zurbriggen, die ihnen mit ihrem Fachwissen zur Seite stehen. Außerdem besuchen neun Mitglieder des letztjährigen 2022er-Teams regelmäßig die wöchentlichen Meetings und helfen mit ihren Erfahrungen und Ratschlägen, die Projektplanung umzusetzen und zu fördern.

Der iGEM-Wettbewerb

Der iGEM-Wettbewerb dient seit 19 Jahren dem Fortschritt der synthetischen Biologie. Ins Leben gerufen wurde die Veranstaltung vom Massachusetts Institute of Technology in den USA.

Jährlich treten rund 350 Teams aus dutzenden Nationen gegeneinander an, indem sie ein Projekt von der Idee bis hin zur Realisierung in Form einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe verfolgen. Hierbei soll ein synthetisches biologisches System geschaffen werden, das aktuelle Problemstellungen sinnvoll zu lösen versucht. Dies fördert nicht nur das relativ junge Forschungsfeld der synthetischen Biologie, die Teilnehmenden – Studierenden verschiedener, meist naturwissenschaftlicher, Fächer – gewinnen auch wertvolle Erfahrung.

„Durch iGEM hat jeder die Chance, sich Skills in Bereichen wie Wissenschaftskommunikation, Planung und Durchführung eines eigenen Experiments anzueignen, mit denen die Projektidee letztlich umgesetzt wird“, erklärt Teamleiter Piravinth Paraparan.

Nicht nur die Projektidee will entwickelt werden, auch die Laborplanung und die Beschaffung von Haushaltsmitteln sind Teil des Wettbewerbs. Im Vordergrund steht ebenfalls die Öffentlichkeitsarbeit als integraler Bestandteil der Wissenschaft. Der Grundgedanke: Um gesellschaftliche Probleme zu lösen, muss mit potentiellen Anwendern und Betroffenen kommuniziert, müssen diese eingebunden werden.

 Paraparan: „Bei iGEM lernte ich, ein Projekt als Ganzes zu sehen und zu organisieren, sei es die Finanzplanung, das Zeitmanagement oder auch die Organisation von besonderen Veranstaltungen, wie zum Beispiel Meetups. Dazu haben die Teilnehmenden die Chance, sich mit vielen wichtigen Kontakten wie Fachexperten und -expertinnen, Biotech-Firmen, Forschenden und anderen Studierenden mit ähnlichen wissenschaftlichen Interessen zu verknüpfen“, berichtet Paraparan von seinen Erfahrungen. „Auch bietet sich die Möglichkeit , sich an wichtigen Tagungen, Messen und Konferenzen zu beteiligen und weiterzubilden.“

 Das Projekt wird Anfang November 2023 bei der „Grand Jamboree“ von iGEM in Paris vorgestellt, diskutiert und bewertet. Bisher gewannen die Düsseldorfer Teams fünf Goldmedaillen, eine Silbermedaille und eine Bronzemedaille.

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Math.-Nat.-Fak.-Aktuell
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Das iGEM2023-Team an der HHU: Yannik Grans, Piravinth Paraparan, Niklas Küppers, Merve Seker, Lena Hebel, Julia Smoluk, Julia Kainzmaier, Joëlle Boecker, Deniz Karagöz, Ben Lenkewitz, Antigoni Mouratidou, Alexander Flosbach (nicht auf dem Bild: Maurice Groß, Ilayda Azapoglu, Aamir Munir). (Foto: HHU / Jona Gerhards)

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