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Reisforschung: Veröffentlichung in eLife
Resistente Reissorten gegen Ausbruch einer bakteriellen Erkrankung in Afrika

Das internationale Forschungskonsortium „Healthy Crops“ unter Leitung von Prof. Dr. Wolf B. Frommer von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) befasst sich mit der Entwicklung krankheitsresistenter Reissorten. In der Fachzeitschrift eLife berichten die Autorinnen und Autoren jetzt von der Entdeckung einer jüngst in Tansania ausgebrochenen Bakterieninfektion – und beschreiben, wie sie eine afrikanische Reissorte so verändert haben, dass sie gegen den Erreger resistent ist.

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Ein mit Weißblättrigkeit infiziertes Reisfeld in Dakawa. Das Welken und Austrocknen der Blätter führt zu erheblichen Ernteverlusten für kleine Lebensmittelproduzenten (Foto: Mohammed Mkuya, Rosemary Murori)

Die bakterielle Reiskrankheit Weißblättrigkeit, die vom Bakterium Xanthomonas oryzae pathovar oryzae (kurz Xoo) ausgelöst wird, ist alljährlich für große Ernteverluste bei Reisbauern verantwortlich. Sie bedroht vor allem die Existenz von Kleinbauern in Asien und Afrika und führt zur Mangelernährung und Hungersnöten in den betroffenen Regionen.

Die Weißblättrigkeit galt bisher nicht als große Bedrohung für den Reisanbau in Tansania, aber 2019 wurden Felder in der Region Morogoro im Osten des Landes entdeckt, die zum Teil gravierende Schäden durch die Krankheit aufwiesen. Weitere Untersuchungen zeigten, dass sich der Erreger inzwischen in vielen Regionen Tansanias ausgebreitet hat. Angesichts der raschen Ausbreitung ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Krankheit auch auf die Nachbarländer übergreifen wird.

Um das „Arsenal“ zu ermitteln, das von diesem Bakterienstamm zur Infizierung des Reises verwendet wird, wurde das Genom des Erregers sequenziert. Die Analyse der Sequenzen zeigte, dass sich die Bakterien von den in Afrika beheimateten Stämmen klar unterscheiden und denen aus Asien sehr ähnlich sind.

Ähnlich wie die asiatischen Stämme, aber anders als die afrikanischen, verfügen diese Bakterien über die Fähigkeit, ein häufig vorkommendes Reisresistenzgen namens iTAL zu blockieren, sowie eine Reihe von „Schlüsseln“ für die „Speisekammer“ der Pflanze. Die Injektion eines von den Bakterien entwickelten, regulatorischen „Schlüssel“-Proteins in Reiszellen aktiviert die Produktion eines Zuckertransporters namens SWEET11a. Dies führt zur Freisetzung von Zucker in der Umgebung der Bakterien, der wiederum zu ihrer Ernährung dienen kann und für die Vermehrung und Virulenz der Bakterien benötigt wird.

Dr. Boris Szurek, der die an der Studie beteiligte Gruppe am IRD in Frankreich leitet, die die Vorortstudien in Afrika durchgeführt hat: „Vor 2019 wurden keine Stämme aus Asien in Afrika gefunden und umgekehrt, was auf eine kürzlich erfolgte Einschleppung aus Asien nach Afrika hindeutet, die nun in ganz Tansania Ertragsverluste verursacht.“

Prof. Dr. Wolf B. Frommer vom Institut für Molekulare Physiologie der HHU, der das internationale Forschungskonsortium "Healthy Crops" leitet, erklärt: „Um die afrikanische Reiserzeugung vor der neuen Bedrohung durch diese pathogenen Bakterien zu schützen, haben wir neue Züchtungsmethoden angewendet, um die ‚Schlösser‘ der beliebten ostafrikanischen Elitereissorte Komboka auszutauschen, damit der ‚Schlüssel‘ des Erregers die Speisekammer nicht mehr aufsperren und somit die Krankheit gar nicht erst verursachen kann. Die optimierten Linien weisen ein breites Resistenzspektrum gegen Vertreter aller uns bekannten asiatischen und afrikanischen Xoo-Stämme auf, darunter auch gegen die Stämme, die kürzlich in Tansania entdeckt wurden.“

Koautor Prof. Dr. Bing Yang von der Universität Missouri in Columbia/USA ergänzt: „Mit diesen Entdeckungen werden wir afrikanische Wissenschaftler helfen und neue Züchtungsmethoden einsetzen, um lokal angepasste, krankheitsresistente Reissorten zu entwickeln. Die Erkenntnisse können auch bei der klassischen Züchtung von Sorten angewendet werden, die gegen die sich schnell ausbreitenden Stämme resistent sind – für solche Länder, die bisher keine Regulierungen für die neuen Züchtungsmethoden etabliert haben.“

Hintergrund: Weißblättrigkeit

Die Reisproduktion ist in vielen Ländern – insbesondere auch in Entwicklungsländern – entscheidend für die Ernährungssicherheit, die regionale Entwicklung sowie für die Bekämpfung der Armut. Weltweit sind derzeit etwa 900 Millionen Menschen aus einkommensschwachen Haushalten als Erzeuger oder Verbraucher auf die Reisproduktion angewiesen. Für mehr als vier Milliarden Menschen weltweit ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel.

Die Weißblättrigkeit ist eine verheerende Reiskrankheit, die die Lebensgrundlage insbesondere von kleinen Lebensmittelproduzenten mit niedrigen Einkommen in Afrika und Asien bedroht. Zum Beispiel gehen trotz effizienter Schutzmaßnahmen in Indien immer noch knapp zehn Prozent der Ernten durch diese Krankheit verloren. Die entwickelten neuen Reislinien könnten diese Verluste verhindern und damit Reis für viele Millionen Menschen bereitstellen, die ansonsten von Hunger bedroht wären.

Die Krankheit wird durch das Bakterium Xanthomonas oryzae pathovar oryzae (kurz: Xoo) verursacht. Bei einer Infektion schleust Xoo eine Reihe von Proteinen, die sogenannten TAL-Effektoren, in die Pflanzenzelle ein, die sich an das Wirtsgenom binden und dadurch die Expression von Pflanzengenen aktivieren, die wiederum die Produktion von Zuckertransportern der „SWEET“-Familie fördern. Sobald die SWEETs in die Plasmamembran der Zelle integriert sind, wird eine große Menge Zucker aus der Zelle exportiert, der den Xoo-Bakterien als Nahrung dient. Dies wiederum führt zum Welken und Austrocknen der Blätter und schließlich zum Absterben der Reispflanzen.

Projekt Healthy Crops

Im Kampf gegen Xoo werden oft Pestizide eingesetzt, die aber nur begrenzt wirksam sind und die die Bevölkerung einer Gefahr aussetzen. Das gemeinnützige internationale Forschungsprojekt Healthy Crops geht einen anderen Weg und will Reislinien züchten und bereitstellen, die gegen die Krankheit resistent sind. So sollen erhebliche Ertragssteigerungen für kleine Lebensmittelproduzenten in Afrika und Asien erzielt werden.

Das Projekt ist ein internationales Konsortium von Forschenden der HHU, den Universitäten von Florida und Missouri in den USA, des kolumbianischen „Center for Tropical Agriculture“ (CIAT), des „Institut de Recherche pour le Développement“ (IRD) in Frankreich, des „International Rice Research Institute“ (IRRI) auf den Philippinen und in Kenia sowie zwei Institute des „Indian Council of Agricultural Research“ (ICAR) in Indien. Das Projekt wird von der HHU durch Prof. Dr. Wolf B. Frommer geleitet, Projektkoordinator in Düsseldorf ist Dr. Marcel Buchholzer.

Um seine Ziele zu erreichen, hat das Konsortium eine Strategie zur Bekämpfung der Weißblättrigkeit entwickelt. Inzwischen hat das Team erfolgreich Reislinien gezüchtet, die gegen die Reiskrankheit resistent sind. Darüber hinaus wurde eine Diagnose-Toolbox etabliert, die eine schnelle Diagnose neu auftretender pathogener Bakterienstämme ermöglicht.

Im Projekt Healthy Crops wird die HHU in der Förder-ID INV-008733 von der Bill & Melinda Gates Foundation gefördert.

Weitere Informationen: https://www.healthycrops.org/

Originalpublikation

Van Schepler-Luu, Coline Sciallano, Melissa Stiebner, Chonghui Ji, Gabriel Boulard, Amadou Diallo, Florence Auguy, Si Nian Char, Yugander Arra, Kyrylo Schenstnyi, Marcel Buchholzer, Eliza P.I. Loo, Atugonza L. Bilaro, David Lihepanyama, Mohammed Mkuya, Rosemary Murori, Ricardo Oliva, Sebastien Cunnac, Bing Yang, Boris Szurek, Wolf B. Frommer, Genome editing of an African elite rice variety confers resistance against endemic and emerging Xanthomonas oryzae pv. oryzae strains. eLife, 20.06.2023.

DOI: 10.7554/eLife.84864

 

GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG DER HEINRICH-HEINE-UNIVERSITÄT DÜSSELDORF (HHU) UND DES FRENCH NATIONAL RESEARCH INSTITUTE FOR SUSTAINABLE DEVELOPMENT (IRD)

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Math.-Nat.-Fak.-Aktuell, Forschung News
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Nahaufnahme eines mit Xoo infizierten Reisblatts. Das Bakterium breitet sich durch das Blatt aus und verursacht diese typischen Läsionen. (Foto: Mohammed Mkuya, Rosemary Murori)

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