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Strukturbiologie: Veröffentlichung in Nature Methods
Ein neues Werkzeug für die Kryo-Elektronenmikroskopie

Forschende des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) um Prof. Dr. Carsten Sachse machen Biomoleküle mittels Kryo-Elektronenmikroskopie (kurz Kryo-EM) auf atomarer Ebene sichtbar. In einer jetzt in der Fachzeitschrift Nature Methods erschienenen Publikation stellen sie ein neues Verfahren vor, das die Kryo-EM mit einer sonst in der Materialforschung genutzten Methode kombiniert. Die Ergebnisse werden auch in einem Nature Briefing vorgestellt und eingeordnet.

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Prof. Dr. Carsten Sachse neben dem Kryo-Elektronenmikroskop des Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C) am Forschungszentrum Jülich. (Foto: FZJ / Sascha Kreklau)

Die noch relativ junge Technik der Kryo-EM hat im Vergleich zu der seit Jahrzehnten etablierten Röntgenkristallographie einen entscheidenden Vorteil: Eiweißbausteine (Proteine) lassen sich damit im schockgefrosteten Zustand in ihrer natürlichen Umgebung beobachten, ohne sie zuvor zu einem künstlichen Kristall umbauen zu müssen. Üblicherweise kommt, nach dem Schockfrosten, das Verfahren der Transmissionselektronenmikroskopie zum Einsatz.

Bei der alternativen Methode, die die Forscherinnen und Forscher aus Jülich und Düsseldorf nun angewendet haben, handelt es sich dagegen um eine Weiterentwicklung der Rastertransmissionselektronenmikroskopie mit integrierten differentiellem Phasenkontrast, kurz iDPC-STEM, die bei schockgefrosteten Proben eingesetzt wird.

„Die iDPC-STEM ist bislang vorrangig in der Materialforschung zur Anwendung gekommen und hat dort bereits zu sehr hohen Auflösungen geführt. Bei der Untersuchung biologischer Proben haben wir damit nun direkt eine Abbildungsqualität erreicht, wie sie vor einigen Jahren durch die Kryo-Elektronenmikroskopie erstmals möglich wurde“, erläutert Carsten Sachse, der Direktor am Ernst Ruska-Centrum am FZJ und Professor an der HHU ist.

Gemeinsam mit Forschungspartnern des Analytik-Unternehmens Thermo Fischer Scientific im niederländischen Eindhoven konnte er Proteinstrukturen mittels iDPC-STEM mit einer Auflösung im Sub-Nanometerbereich von 3,5 Ångström – ein Å entspricht 10-10 m – darstellen.

„Die Kryo-Elektronenmikroskopie ist im Vergleich dazu heute bereits etwas weiter fortgeschritten. Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass iDPC-STEM prinzipiell in der Lage ist, mit einigen Optimierungen ähnliche Auflösungen wie die heutige Kryo-EM zu erzielen und die Möglichkeiten der Strukturanalyse zu erweitern; insbesondere bei sehr heterogenen, ungleichmäßigen Proben oder einzelnen Partikeln, wenn die Möglichkeiten der Mittelung begrenzt sind“, so Sachse.

Denn bei der herkömmlichen Kryo-EM werden Tausende, manchmal auch Zehn- oder Hunderttausende Schnappschüsse einer Probe aus unterschiedlichsten Blickrichtungen aufgenommen. Ein leistungsstarker Computer errechnet daraus anschließend ein detailliertes dreidimensionales Bild des Moleküls oder Partikels.

Die Rastertransmissionselektronenmikroskopie tastet Objekte dagegen in winzigen Schritten zeilenweise ab und erzeugt so ein zusammengesetztes Bild, das ebenso viele Biomoleküle enthält und wie bei der herkömmlichen Kryo-EM als Grundlage für die dreidimensionale Strukturberechnung dient. Der eingesetzte Elektronenstrahl ist wie auch bei der Kryo-Elektronenmikroskopie äußerst niedrig dosiert. Denn Biomoleküle sind typischerweise äußerst empfindlich. So wird verhindert, dass die hohe Energie des Strahls die empfindlichen Strukturen zerstört.

Originalpublikation

Ivan Lazić, Maarten Wirix, Max Leo Leidl, Felix de Haas, Daniel Mann, Maximilian Beckers, Evgeniya V. Pechnikova, Knut Müller-Caspary, Ricardo Egoavil, Eric G.T. Bosch, Carsten Sachse, Single-particle cryo-EM structures from iDPC-STEM at near-atomic resolution, Nature Methods (2022), 5. September 2022

DOI: 10.1038/s41592-022-01586-0

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Math.-Nat.-Fak.-Aktuell, Forschung News
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Aufnahme (oben) und Struktur (unten) des Tabakmosaikvirus (links) und des Proteins Hämocyanin (rechts) mittels iDPC-STEM. Die unten dargestellten 3D-Strukturen haben 3,5 bzw. 6,5 Å Auflösung. (Bilder: Ivan Lazic und Carsten Sachse)

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Künstlerische Darstellung der Rastertransmissionselektronenmikroskopie: Ein kleiner Elektronenstrahl rastert über die Probe in kleinen Schritten und bildet damit die schockgefrorenen Biomoleküle im Eis ab. (Bild: Daniel Mann und Carsten Sachse)

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