Prof. Stegmaier entwickelt mit seinem Team Methoden, um aus großen biomedizinischen Bilddaten – beispielsweise mikroskopischen Aufnahmen – automatisch relevante Informationen zu gewinnen: Wo genau liegt und wie entwickelt sich ein Tumor, wie können Defekte im Zellteilungszyklus erkannt und quantifiziert werden oder wie lässt sich das Verhalten und Wohlergehen von Labortieren automatisiert erfassen.
Dies umfasst verschiedene Gebiete der Bildverarbeitung und -analyse, um beispielsweise rauschbehaftete Bilddaten zu verbessern, mehrere Blickwinkel zu einem konsistenten Gesamtbild zu fusionieren, interessante Strukturen oder Anomalien in Bilddaten hervorzuheben, zu erkennen und zu klassifizieren. Zum Beispiel können durch Bildsegmentierung die genauen Grenzen eines Objektes – etwa eines Organs oder eines Tumors – bestimmt werden, um dessen Formeigenschaften und -veränderungen zu vermessen. Dreidimensionale Videodaten können dahingehend untersucht werden, um Bewegungsmuster und zeitliche Abläufe in lebenden Organismen zu verfolgen. Neben Daten aus der Mikroskopie können die entwickelten Methoden auch auf andere bildgebende Verfahren in der biologischen und medizinischen Grundlagenforschung angewandt werden, beispielsweise auf die Analyse histopathologischer Bilder von Gewebeschnitten.
An der HHU will Prof. Stegmaier nun dieses Methodenspektrum um Werkzeuge des Machine Learning – einer Form der Künstlichen Intelligenz (KI) – weiter ausbauen: „Wir wollen Methoden für intelligente Bildgebungssysteme entwickeln, die Forschenden und Anwendern in Medizin und Lebenswissenschaften dabei unterstützen, effizient mit ihren Daten zu interagieren, in großen Datensätzen zu navigieren und Fragestellungen interaktiv und quantitativ zu analysieren.“
KI-Werkzeuge sollen etwa dabei helfen, interessante Bildbereiche zu erkennen und zu charakterisieren, Objekte zu verfolgen und hervorzuheben sowie, um intuitiv in umfangreichen, mehrdimensionalen und oft schwer handhabbaren Bilddaten zu navigieren. „So werden auch neue Arten von Experimenten möglich, etwa die Echtzeitüberwachung grundlegender Entwicklungsprozesse oder die ganzheitliche Visualisierung und Analyse wachsender Organoide oder Tumoren im zeitlichen Verlauf“, erläutert Stegmaier.
Angesiedelt ist die Arbeitsgruppe am neu gegründeten Zentrum für Digitale Medizin der HHU in Reisholz, das besonders gute Möglichkeiten bietet, um informatische Ansätze gemeinsam mit Forschenden aus Medizin und Lebenswissenschaften zu entwickeln und in der Praxis einzusetzen.
Zur Person
Johannes Stegmaier (geboren 1985 in Stuttgart) studierte Bioinformatik an den Universitäten in Tübingen und Freiburg (Bachelor 2009, Master 2011). Er promovierte 2016 zum Dr.-Ing. am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) zum Thema „New Methods to Improve Large-Scale Microscopy Image Analysis with Prior Knowledge and Uncertainty“. Nach Postdoc-Stationen am KIT und am California Institute of Technology in Pasadena/USA übernahm er im Jahr 2018 eine Juniorprofessur für biomedizinische Bildverarbeitung an der RWTH Aachen und während der Zeit eine Lehrstuhlvertretung ebenfalls in Aachen. Zum 1. November wurde er zum W3-Professor in die Wissenschaftliche Einrichtung Informatik der HHU berufen.
Sein Forschungsschwerpunkt liegt bei der Analyse großer Bilddaten aus dem biomedizinischen Bereich, auch mithilfe der künstlichen Intelligenz. Diese informatischen Ansätze setzt er zusammen mit Lebenswissenschaftlern und Medizinern für praktische Fragestellungen ein. Stegmaier veröffentlichte bisher 42 Artikel in begutachteten Zeitschriften und 41 begutachtete Konferenzbeiträge.